Pressekonferenz
Auto unser

Pressekonferenz zur aktuellen Ausstellung "Auto unser. Kult und Krise"

Pressemitteilung

Saarbrücken, den 26.09.2023

Ausstellung „Auto Unser. Kult und Krise“

Wir und das Auto – das ist eine spannende Geschichte voller Emotion und Faszination – aber auch eine Geschichte der Krisen und damit der Widersprüche. Das Historische Museum Saar und das Stadtarchiv Saarbrücken präsentieren vom 30. September 2023 bis zum 24.März 2024 im Museum am Saarbrücker Schlossplatz die Sonderausstellung  “Auto unser. Kult und Krise”. Sie lädt zu einer großen Fahrt durch die Automobilgeschichte ein. Inhaltlich vielfältig und anspruchsvoll, aber zugleich unterhaltend mit überwiegend unbekanntem Foto- und Videomaterial werden die vielfältigen Facetten des Themas aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Ergänzt wird die Schau durch Modellautos und interaktive Stationen.

Keine Erfindung hat unser Leben so nachhaltig verändert und geprägt wie das Automobil. Während der Besitz eines Autos lange Zeit als Symbol für Wohlstand und sozialen Fortschritt galt, steht es heute häufig für Krisen und Umweltprobleme. So erzählt die Ausstellung von Emotionen und Faszination, von Freiheit, Macht und Status, von Wohlstand und Massenmotorisierung ebenso wie von Krisen und Widersprüchen, von nationalen Befindlichkeiten und globalen Ansprüchen.

Eng verbunden mit dem Auto ist das Gefühl von Freiheit, die Möglichkeit, spontan und unabhängig mobil zu sein. Viele reisten mit dem Auto um die große Welt, nicht nur die 68er-Generation im VW Bully, sondern schon in den 1920er Jahren emanzipierte Frauen aus vermögendem Hause. Ohne Frauen kein Auto! Berta Benz brachte es in Fahrt, und sie ist nicht die Einzige.

Auch die Geschichte vom Wirtschaftswunder, von Wohlstand und sozialem Fortschritt in Europa wurde angetrieben durch das Automobil. VW, Fiat und Renault stehen dafür beispielhaft sowie Opel und Ford als Marken der Mittelstandsgesellschaft der 1960er und 1970er Jahre. Die Autoindustrie rettete Kohle-Länder wie das Saarland.

Aber es gibt auch eine Kehrseite: das Massensterben im Straßenverkehr, die Ölkrise, Umweltschäden wie das Waldsterben, die Belastung durch Feinstaub und die Klimaerwärmung. Die europäische und nicht die US-Automobilindustrie entwickelte zwar technologische Innovationen zur Krisenbewältigung, sie verlor aber ihre Vorreiterrolle Ende des 20. Jahrhunderts im Zuge einer sich dramatisch verändernden Welt. Der Diesel —  angeblich umweltfreundlich — weil bleifrei wurde 2015 durch Diesel-Gate endgültig infrage gestellt.

Kein Land in Europa ist so abhängig von der Automobilindustrie wie Deutschland, dies gilt ganz besonders für das Saarland. Die Ansiedlung der Automobilindustrie an der Saar gilt als Meilenstein in der Bewältigung der Strukturkrise von Kohle und Stahl. Sie bietet rund 40.000 Arbeitsplätze und garantierte bisher Wohlstand. Für Saarbrücken als Standort eines bedeutenden Automobilzulieferers und auch unter dem Gesichtspunkt einer auto- und menschengerechten Stadt ist dies ein ebenso spannendes wie hochaktuelles Thema.

Die von Hans-Christian Herrmann in Zusammenarbeit mit Ruth Bauer kuratierte Ausstellung widmet sich der Vielzahl dieser unterschiedlichen Aspekte aus einer deutsch-französischen, europäischen sowie globalen Perspektive und eröffnet dabei bisher nicht wahrgenommene Sichtweisen. Einen Schwerpunkt im Zeitraum der Automobilgeschichte bilden dabei die 1950er bis 1980er Jahre mit einem Ausblick in unsere Gegenwart und in die Zukunft.

Zur Ausstellung ist im renommierten Motorbuch Verlag in der Reihe „Publikationen des Historischen Museums Saar“ ein reich illustrierter Begleitband erschienen. Außerdem wird ein umfangreiches Begleitprogramm mit hochkarätigen Vorträgen angeboten. Weitere Infos findet man auf der Website des Museums.

 

Pressemitteilung "Auto unser. Kult und Krise"

PDF Download (2,0 MiB)

Abbildungen: © Historisches Museum Saar, André Mailänder

 

 

 

 

Pressefotos

1) © Stadtarchiv Saarbrücken, NL F. Mittelstaedt

Das Auto und die Geschlechter

 

2) © Stadtarchiv Saarbrücken, NL F. Mittelstaedt

Glückliche Kindheit: Mobilität auch für Mädchen. Tretfahrzeuge als Vespa und als Automobile. Sie wurden speziell für den Nachwuchs hergestellt, in vielfältigen Größen für Kinder zwischen drei und vierzehn Jahren. Schon um 1900 gab es die ersten Modelle, die wohlhabenden Kreisen vorbehalten waren.

 

3) © Stadtarchiv Saarbrücken, Max Richard Platte, Nachlass Karl August Schleiden

Glücklicher Sieger des Seifenkistenrennens auf dem Saarbrücker Schanzenberg, 1953.

 

4) © Stadtarchiv Saarbrücken, VL Klaus Winkler

Wenn Kinder erwachsen werden, erinnern sie sich an ihre Kindheit zurück und an das Auto der Väter und Mütter, Ort schöner und bisweilen aufregender Erinnerungen. Dieser Erinnerungsort wird im Erwachsenenalter mit dem Kauf als Young- oder Oldtimer wieder lebendig.

Treffen des Peugeot 504 Coupé und Cabriolet-Clubs in Saarbrücken, Anfang 1990er Jahre.

 

5) © Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden

Der Beethovenplatz in den späten 1950er Jahren, kleine Werkstätten und Händler bieten vor allem automobile Dienstleistungen an.

 

6) © Foto: Reiner Oettinger, Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass R. Oettinger

Sonntag, der 9. Juni 1968, in Dirmingen: Das junge Ehepaar Erhard und Danièle Schwambach brach zur größten Reise ihres Lebens auf. Mit ihrem Citroën Ami 6 Break fuhren sie in die weite Welt. Geplant war, in zwei Jahren alle Kontinente zu durchqueren, insgesamt eine Strecke von 120.000 Kilometern. Die Route führte zunächst nach Österreich, weiter über Bulgarien und Griechenland. Von dort sollte es mit dem kleinen Citroën mit knapp 30 PS aus zwei Zylindern und 600 ccm in den vorderen Orient nach Indien, Malaysia, Indonesien und schließlich nach Australien gehen. Weitere Stationen sollten Hongkong und Japan sein. Die USA sollten von Nord nach Süd bereist werden und von Montevideo führte die Route nach Südafrika.

Doch es kam anders. Nach «nur» 87.000 km fuhren die Schwambachs mit ihrem kleinen Citroën am 4. Dezember 1969 wieder in Dirmingen vor. Wie geplant hatten sie Indien und Australien besucht, dort erlebten sie ein Erdbeben und in der Türkei erlitten sie einen Unfall. Das Chassis des Ami 6 war mehrfach gebrochen, deshalb entschieden sie sich zur vorzeitigen Heimreise. Das kleine Auto hatte sie trotz Unfallschaden aber sicher ins Saarland zurückgebracht.

Vor ihrer Weltreise hatten sich beide prophylaktisch den Blinddarm entfernen lassen.

7) © Stadtarchiv Saarbrücken, NL Fritz Mittelstaedt

Die Bahnhofstraße in der Weihnachtszeit, 1930er Jahre

 

8) © Stadtarchiv Saarbrücken, NL Fritz Mittelstaedt

Das Auto wurde in der Nachkriegszeit mehr denn je zum Statussymbol. Insbesondere Mercedes-Benz symbolisierte Wohlstand und Erfolg. Der Mercedes 300 SL Flügeltürer war der Traum für Millionen, im Saarland der 1950er Jahre war der Gasflaschenproduzent Dr. Kurt Schneider stolzer Besitzer eines solchen Wagens. Im ganzen Saarland soll es nur zwei Exemplare dieses Typs gegeben haben.

 

9) © Stadtarchiv Saarbrücken, Max Richard Platte, NL Schleiden

Die ersten Crèmeschnittchen kamen wahrscheinlich im Februar 1949 bei der Renault-Generalvertretung Saar Auto Contor in der Mainzerstraße in Saarbrücken an.

 

10) © Stadtarchiv Saarbrücken, Max Richard Platte, NL Schleiden

Das Saar Auto Contor, die Renault-Generalvertretung in der Mainzerstraße in Saarbrücken, frühe 1950er Jahre.

 

11) © Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Fritz Mittelstaedt

Die Renault Frégate war der große Wagen von Renault, vom Hohen Kommissar Gilbert Grandval auch als Dienstwagen genutzt.